Dieses Statement – frei nach de Sade, Schopenhauer und Sophokles – könnte auch als Credo des ästhetischen Programms von extranos-bizarr.com gelten. Grundlage dafür ist die performative Auseinandersetzung mit de Sade und seiner der "Schule der Ausschweifungen, der Untertitel seines über lange Zeit indizierten und immer noch skandalösen Romanfragments "Die 120 Tage von Sodom". In der konzeptionellen Entwicklung eines Entwurfs zur Vorstellung der ästhetischen Dimension von Erotik geht kein Weg am Namensgeber des Begriffs: Sadismus vorbei. Bei genauerem Studium seines schriftstellerischen Werks war entgegen der gegenwärtigen Bezugnahme auf Praktiken seiner Fantasien voll sexueller Freizügigkeit in einer in sich pervertierten Gesellschaft nicht Qual, Schmerz, Bestrafung oder Folter, was Quantitativ überwiegt, sondern mehr als 80 Prozent seines Œuvres beschäftigt sich mit der sozialisierenden Wirkung analer Vergnügungen. Wenn es der Knecht mit den hohen Herren treibt, die Herrn mit der Dienerin, die mit dem Diener und der Herrin und die es gleich mit der gesamten Dienerschaft in dieser Ausrichtung treibt, bei Betrachtung von einem außermoralischen Standpunkt, zumindest so lange das Vergnügen anhält, das Ideal einer klassenlosen Gesellschaft beschreiben, wo mit der Aufgabe der moralischen Beurteilung auch jeglicher Sozial-Status fällt. De Sades Philosophie ist eine Perversion der Moral. Ihr anthropologisches Axiom von der wesentlichen Gleichheit aller Menschen verkehrt seine Ideologie in reine Lust, wo alle Grenzen zwischen den Menschen aufgehoben sind. Wenn also der Begriff Sadismus auch die Ausrichtung des Autors berücksichtigen würde, dessen Anschauungen dann weiter per definitionem vertreten sind, dann wäre gleichzeitig eine kritische Profilierung seines Images mehr als notwendig.